Wednesday, May 16, 2007

Wild East 3 - Phobjika - Tradition & Moderne

Willkommen zum Dritten und letzten Teil meiner Wild-Ost-Erzaehlung!


Die diesmal gar nicht mehr so weit oestlich ist - und wild ja sowieso noch nie war - da wir mittlerweile nach Phobjika aufgebrochen sind, einem wunderschoenen Tal das unter Naturschutz steht und in das jaehrlich ca. 300 'Black necked cranes' zum ueberwintern kommen. Aus diesem Grund wird es im Winter auch regelmaessig von Touristen und Birdwatchern gestuermt wird.

Schade nur, dass wir nicht viel von dem wunderschoenen Tal gesehen haben, weil im Tal nebenan ein ziemlicher Waldbrand gewuetet, und die ganze Gegend verdunkelt, hat.

Der Staat hat ein grosses Interesse daran, den Waldbestand zu schuetzen, um Erosion und Hochwaessern entgegen zu wirken. Die Bauern hingegen zuenden ihn ganz gern ab und zu mal an (und die Nadelwaelder brennen wie Zunder nach der Trockenzeit), um erstens mehr Weideland fuer ihr Vieh zu bekommen, und zweitens auch den Lebensraum fuer Raubtiere, die ihrem Vieh ans Fleisch wollen, zu zerstoeren. Dieses Mal haben sich jedenfalls die Bauern durchgesetzt.

Aber uns hat schliesslich nicht die Aussicht nach Phobjika gefuehrt, sondern zwei weitere Oesterreichische Projekte im Energiesektor.

Und gerade in diesem Gebiet muss man aufgrund der sensiblen Oekosituation auch besonders Sensibel vorgehen. Der Grund warum die Black Necked Cranes aus Tibet gerade hier her zum ueberwintern kommen ist vor allem, dass es dort eines der ganz ganz wenigen so hoch gelegenen Sumpfgebiete gibt, dass sich im Talboden des Phobjika-Tals befindet. Und dieses wiederum speisst sich aus dem Grundwasser der an den umliegenden Berghaengen gelegenen Waeldern.

Verschwinden die Waelder, verschwindet die Speicherkapazitaet des Bodens, verschwindet der Sumpf, verschwinden die Voegel, verschwindet ein wichtiger Bestandteil der Bhutanischen Kultur... und nicht zu vergessen auch die Touristen...

Eine grosse Prioritaet ist es daher, den Brennholzbedarf zu reduzieren. Da es (noch) keinen Strom gibt ist Holz noch immer die Hauptenergiequelle zum Kochen und Heizen. Zu diesem Zwecke haben die Oesterreicher vor einigen Jahren Probeweise 3 verbesserte Oefen installiert.
Dabei handelt es sich im prinzip um sehr einfache Kacheloefen, die die Waerme laenger speichern und die auch zum kochen genutzt werden koennen. Ausserdem wurde darauf geachtet, dass nur lokal verfuegbare und moeglichst guenstige Bauteile und Materialien, sowie eine moeglichst einfache Konstruktion zum Einsatz kommen. Konventionelle Oefen bestehen einfach nur aus Metall - sind zwar sofort heiss, aber auch gleich wieder kalt.


Schoenes Foto, nicht? Diese Grossmutter webt Stoff, um das Haushaltseinkommen aufzubessern, wie es so viele Haushalte besonders in den Laendlichen Gegenden machen. Im Hintergrund koennt ihr einen dieser Wunderoefen sehen.


Das Problem bei dem Konzept ist, dass die Idee zwar prinzipiell nicht schlecht ist - verbesserte Oefen vermindern Holzverbrauch - dass es allerdings insgesamt wenig nutzt, einen super Ofen zu installieren, wenn es gleichzeitig nicht mal Fensterscheiben im Haus gibt (sondern nur holzlaeden, die in der Nacht geschlossen werden, aber wegen des Lichtes normalerweise den ganzen Tag ueber offen sind), die Waende sowieso nicht isoliert sind, und es in allen Ecken und Winkeln und aus allen Fugen heraus zieht..


Ausserdem will Oesterreich in diesem Tal die "Rural Electrification" finanzieren - d.h. das Gebiet ans Stromnetz anzuschliessen.
Bisher existieren nur einige Solaranlagen, die allerdings nur Strom fuer ein paar Stunden Licht in der Nacht liefern und sicher nicht genuegend zum Kochen oder gar Heizen (Was allerdings immer noch mehr ist, als in vielen anderen Gegenden Bhutans!).

Und vereinzelt einige solche Spielzeuge wie diese 1 kW Turbine aus Nepalischer Produktion.

Ein suesses Ding, dass ja prinzipiell gar nicht schlecht waer, mit 1 kW kann man ja schon ein bisschen was anfangen, allerdings kann es nur 2h am Stueck betrieben werden, da es sonst zu heiss laeuft...

Und Wasserboiler auf Stromlos! Wenn man warmes Wasser aus den Leitungen haben will, muss man zuerst Feuer unter dem Pott machen, und dann die Leitung aufdrehen - das Ding funktioniert wie ein Durchlauferhitzer! D.h., ob es ueberhaupt funktioniert weiss ich nicht, wir hatten jedenfalls an den 1 1/2 Tagen die wir dort waren nie warm Wasser ;)

Dass nenn ich mal Haustechnik ;)
Nun wollen wir das Gebiet ans Stromnetz anschliessen - auch dies muss aber mit besonderer Vorsicht geschehen. Man kann naemlich aus zwei Gruenden nicht einfach, so wie sonst ueblich, Masten aufstellen und mit Dratseilen verbinden:

1. Stellen diese gerade am flachen Talboden eine grosse Gefahr fuer die Black Necked Cranes dar. Es sind Gebiete in Japan bekannt, in denen jaehrlich zig Tiere aufgrund solcher Leitungen umkommen. Das Problem ist dabei, dass sie gern tief ueber den Ebenen fliegen, und besonders oft in der Daemmerung bei relativ schlechter Sicht unterwegs sind.

2. Will man das Auge des Touristen nicht durch haessliche Leitungen beleidigen. Und die Touristen werden fuer diese Region immer wichtiger. Und wenn man weiss, wie die Bhutaner das restliche Land elektrifizieren, ist dieser Anspruch auch gerechtfertigt! Ab und zu fragt man sich wirklich, ob die nicht einfach ganz willkuerlich Masten im Land verteilt haben!!
Aus diesen Gruenden muss man die Leitungen in den freien Gebieten im Boden, und kann sie nur im Wald bzw. am Waldrand herkoemmlich fuehren. Das fuehrt natuerlich zu groesseren Kosten, die man aber in Kauf nehmen muss, wenn man die Natur erhalten will.

Dann muss man aber immer noch mit dem Problem kaempfen, die Bhutanischen Projektbeauftragten von diesen Prinzipien zu ueberzeugen - und sie davon abzuhalten, einfach eine Standard RE hinzustellen!

Zu diesem Zweck arbeiten wir auch eng mit der Royal Society for the Protection of Nature (RSPN) zusammen - einer der wenigen zugelassenen NGOs Bhutans - die ein beeindruckendes Wissen ueber das Oekosystem des Gebietes verfuegt.

Das wars auch schon mit meinem Energie-trip. Ich hoffe es war was interessantes fuer euch dabei - bald gibts wieder Neuigkeiten, letztes Wochenende war ich in Paro im Tigersnest - leider hinke ich mit der Berichterstattung ein wenig hinterher ;)




5 comments:

Thomas said...

Hallo Lukas,
gratuliere dir zu deinem interessanten Bericht und den tollen Fotos: es muss dir richtig gut gehen, nachdem du in "little Swiss" das Heimweh abstreifen und das Bierdefizit hast auffüllen können. Mach weiter so, deine Berichte sind wirklich spannend, liebe Grüße
Hannelore und Thomas

Manolo said...

Hey Lukas,

ich muss sagen, abgesehen von der Länge deiner Beiträge, die mich so manches Mal fast vom lesen des Berichtes abgehalten hätte, ist das ganze wirklich sehr spannend! Wäre ja beachtlich wenn es gelingen würde, nachhaltig und mit Rücksicht auf die Natur, die Energieversorgung Bhutans zu modernisieren.

Und zum Kaltduschen: soll eh viel gesünder sein und vor Erkältung, Hautpilz und beschlagenen Badezimmerspiegeln (von denen es in Bhutan wohl eh nicht viele geben wird) schützen - hab ich mir sagen lassen.
In diesem Sinne, mach weiter so,

Manuel

berndh said...

hallo lukas,

grad hab ich mir die adresse von deinem blog geben lassen, und ihn gleich auf einmal verschlungen. mach dir keine sorgen, dass du zu lange wuerdest, es ist sehr spannend und informativ deine berichte zu lesen und von deinen erlebnissen zu hoeren - fast live dabei zu sein.
ich bin schon gespannt von deinem bericht vom marsch auf's tigersnest, da war ich vor 4 jahren auch oben.

keep going

bernd + nava

leggler said...

Oha, freut mich jemand neuen auf meinen Blog aufmerksam gemacht zu haben! Ich hoff Marlies hat die Adresse auch schon mit bekommen!

Und vielen Dank allseits fuer die Blumen ;)

Lukas

Anonymous said...

Hallo, lieber Lukas,
vielen Dank für die wunderbaren Berichte und Fotos; wir beneiden Deine Alten, die wohl langsam in Bhutan eintreffen müssten. Wir waren 2003 in Bhutan, mit Deinem blogg wird vieles wieder wach gerufen und macht riesig Lust vielleicht nochmal zu kommen. Erkundige doch mal nach dem snowman track...! - Kannst Du Deinen Eltern ein paar Gebetsfahnen für uns mitgeben (Bezahlung zugesichert!) Wir brauchen wieder einige der langen, senkrecht auf zu hängenden und die weißen, quadratischen, die auf den Häuserdächern wehen; die unsrigen, die wir damals mitgenommen und im Garten, Haus usw. aufgehängt haben, haben ihre guten Wünsche so intensiv zu den Göttern gesendet, dass sie ziemlich vergilbt sind!

Dir und den Alten wünschen wir jetzt wunderschöne Tage, grüßt den Je Khenpo von uns und alles und überall wo's schön ist!

Herzlichst, Deine Aenne & Axel.

PS: Und bitte noch viele schöne Bilder und Berichte...